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Agrar- und Ernährungswiss. Fakultät | Institut für Agrarökonomie
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Abteilung Innovation und Information

Montag, 4. Februar 2008

A&E Humankapital und IT

Annika Hartleben und Corina Müller

Unter dem Begriff Humankapital wird die durch Ausbildung, Weiterbildung und Erfahrung erworbenen Fähig- und Fertigkeiten sowie das Wissen verstanden, das in Personen gebunden ist. Im Sinne der Produktivität kann es als Maß für die Qualität des Faktors Arbeit verwendet werden. Weiterhin stellt das Humankapital eine wichtige Determinante für die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft dar, da mit ihm auch das BIP und Wirtschaftswachstum steigt.

Die Messung von Humankapital ist jedoch kritisch zu betrachten. Ein gängiges Maß stellt die Anzahl der Ausbildungsjahre in einem Land dar, allerdings lässt die Quantität der Bildung nicht automatisch einen Rückschluss auf die Qualität, also das produktive Humankapital, zu. Daher wird versucht, den Wissens- bzw. Bildungsstand beispielsweise durch PISA-Test zu ermitteln. Die Effizienz dieser Methode bleibt jedoch fragwürdig, da das Schulsystem zwar eine bestimmte Art der Humankapitalbildung darstellt, jedoch für den späteren „Marktwert“ bzw. die Jobchancen wenig Aussagekraft besitzt. Wird dennoch der Hochschulabschluss bzw. die Ausbildungsjahre als Indikator für Humankapital angesehen, so kann festgestellt werden, dass Deutschland zwar einen vorderen Platz in der Quantität einnimmt, dass der Anteil der Hochschulabgänger jedoch rückläufig ist, während andere Länder wie beispielsweise. Schweden, Spanien oder Japan einen starken Anstieg verzeichnen können.

Im Hinblick auf diese Tendenzen, stellt sich die Frage, ob der Einsatz von Informationstechnologien die mit der Investitionen verbundenen Kosten senken und dadurch wieder verstärkt Anreiz generieren, in Humankapital zu investieren. Grundsätzlich kann ein steigendes online-Angebot für fachspezifische Informationen sowie Fortbildungen festgestellt werden. Einzig und allein die Qualität der Quellen bleibt zu prüfen, da die Masse an zur Verfügung stehenden Daten enorme Ausmaße annimmt. Weiterhin kann die „Informationsflut“ im Internet dazu führen, dass vieles nicht mehr wahrgenommen wird.

Einhergehend mit dem steigenden Angebot, trägt auch der Strukturwandel der Landwirtschaft zum Bedeutungsanstieg der Informationstechnologien bei. Als Substitut zum persönlichen Kontakt zu anderen Landwirten, können Erfahrungen etc. einfach mittels Blogs, Chats und Foren ausgetauscht werden. Dies senkt vor allem die Transaktionskosten, wenn ansonsten größere Entfernungen zum Informationsaustausch zurückgelegt werden müssten. Doch auch der Einfluss des landwirtschaftlichen Beraters wird weiterhin steigen. Insbesondere im Bereich der Erfahrungswerte, kann er ein großes Spektrum an Informationen und Daten sammeln. Hinsichtlich des knappen Faktors Zeit, ist er wiederum in der Lage, den Landwirt gezielt die gewünschten Informationen bereitzustellen.

Infolge des steigenden Einsatzes von Informationstechnologien im Agrarsektor, nehmen auch die Anforderungen an das Bedienpersonal, z.B. Schlepperfahrer, zu. Dies wiederum erfordert Investitionen in Humankapital, um den richtigen Umgang mit den Technologien gewährleisten zu können. Weiterhin führt der vermehrte Einsatz von Informationstechnologien zur Freisetzung landwirtschaftlicher Arbeitskräfte, bzw. bewirkt eine Verlagerung des Humankapitals in den vorgelagerten Bereich, da ein höherer Bedarf an Informationen und Daten für die Verwendung von Precision Agriculture etc. besteht.

Auf lange Sicht stellt sich jedoch die Frage, ob Informationstechnologien das menschliche Gehirn gänzlich ersetzen (Substitut) oder ob es lediglich als Komplement fungieren könnte. Grundsätzlich können folgende Vorteile bzw. Stärken der einzelnen Systeme festgehalten werden:

Tabelle 1: menschliches Gehirn vs. IT

Vorteil
menschliches Gehirn

Vorteile IT

Strukturerkennung

Modelle, Simulationen

Schlussfolgerung

Gedächtnis, Datenspeicherung

Erfahrungswissen (Daumenregel)

Reaktion

Urteilskraft, Intuition, Kreativität

Kapazität

Quelle: eigene Darstellung

Die Tabelle verdeutlicht die Stärken von Informationstechniken im Bereich Analyse sowie Kapazität. Das Einbringen von Intuition und Erfahrungen sowie Strukturerkennung und Schlussfolgerung zeigt sich jedoch als deutlicher Vorteil des menschlichen Gehirns. Es lässt sich daher sagen, dass der Landwirt die Informationstechnologien dort einsetzen sollte, wo sie ihm Erleichterung verschaffen, weil sie effizienter sind. Die freigewordenen Kapazitäten können wiederum genutzt werden, um Humankapital zu bilden.

Die folgende Abbildung verdeutlicht noch einmal das Zusammenspiel von Informationstechnologien und dem menschlichen Gehirn in der Landwirtschaft:


Abbildung 1: Zusammenspiel menschliches Gehirn und IT in der Landwirtschaft

Quelle: eigene Darstellung

Der landwirtschaftliche Unternehmer gibt Informationen und hält Rücksprachen mit dem Schlepperfahrer. Der wiederum speist den Bürocomputer mit den benötigten Daten und bedient den Bordcomputer. Die Sensoren liefern dem Bord- bzw. Bürocomputer Messdaten aus dem Feld und steuern so die Bewirtschaftung mit. Weiterhin stellen die Sensoren ein Substitut zum Schlepperfahrer dar, da sie präzise genau Werte ermitteln. Der Bordcomputer, als Komplement zum Landwirtschaftlichen Unternehmer, übernimmt wichtige Analysefunktionen und steht in Verbindungen mit ihm, falls der Schlepperfahrer nicht ausreichende Qualifikationen besitzt. Informationen entnimmt der landwirtschaftliche Unternehmer z.B. aus dem Internet oder von seinem Berater. Weiterhin liefert das Internet bzw. die Kopplung mit Informationstechnologien die notwendigen Daten an den Büro-/Bordcomputer um das Precision Farming gewährleisten zu können.

Im Hinblick auf den fortschreitenden des Strukturwandels, wird der „gute Landwirt“ Informationstechnologien nutzen können, um mehr Fläche zu bewirtschaften. Insbesondere die Aufgabe des Monitorings gewinnt auf großen Betrieben mit Lohnarbeitskräften an Bedeutung. Der landwirtschaftliche Unternehmer ist in der Lage, Informationstechniken zur Qualitätsprüfung der Arbeitskräfte einzusetzen. So können beispielsweise Schlepperfahrer in der Ukraine von Deutschland aus mittels Informationstechnologien kontrolliert werden.


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