Geesa Theessen und Kerstin Urban
Megatrends werden dem Zukunftsforscher John Naisbitt nach durch eine bis zu Jahrzehnte lang anhaltende Wirkung und eine nachhaltige Beeinflussung ganzer Kulturen charakterisiert. Bei der Suche nach Trends im Bereich der digitalen Informationstechnik (IT) werden im allgemeinen die Entwicklungen von Hard- und Software betrachtet, die für die Informations- und Datenverarbeitung benötigt werden. Hier geht es nur um digitale IT, da analoge IT zwar denkbar, jedoch nicht für Trends im betrachteten Zeithorizont relevant ist.
Zahlreiche selbst ernannte Visionäre verbreiten über unterschiedliche Medien (z. B. Bücher, Zeitschriften, Web, TV) Prognosen für IT-Megatrends. Zweifelhaft ist jedoch die individuelle Qualifikation und Glaubwürdigkeit dieser Personen. Trotzdem können Einzelne als gute Informationsquellen herangezogen werden, die sich durch qualifizierte Beiträge und wissenschaftlich fundierte Arbeit hervorgetan haben. Ein Beispiel dafür ist Ray Kurzweil, der als einer der bedeutendsten Visionäre im Bereich künstlicher Intelligenz auch mit der amerikanischen „National Medal of Technology“ ausgezeichnet wurde. Er sieht das Eintreten „Technologischer Singularität“ voraus, in dessen Zuge die geistige Kapazität des Menschen nicht mehr mit dem technischen Fortschritt mithalten können werde.
Es haben sich bei der Recherche einige Megatrends herauskristallisiert, die laut Expertenmeinungen im Bereich der IT anhalten werden. Zum einen ist die grundsätzliche Miniaturisierung und Leistungssteigerung zu nennen. So soll „Moore’s Law“ noch weitere 10 bis 20 Jahre gelten, da durch den Übergang von der Mikro- zur Nanotechnologie eine neue S-Kurve und damit neues Potential erreicht werden. Weiterhin steigt die Verwendung eingebetteter Technologien, die vom Nutzer nicht also solche, sondern nur bei Entfaltung ihres Nutzens wahrgenommen werden (z. B. Airbag in der Kleidung, selbst abblendender Spiegel im Auto). Hier ist eine ausgereifte Sensor- und Aktortechnik unentbehrlich, was auch mit dem Trend einer starken Entwicklung leistungsfähiger, flexibler Software einhergeht. Letztere sollte mit der Hardware-Entwicklung einhergehen, um nicht zum begrenzenden Faktor zu werden. Der Trend zur Entwicklung von Multitouch Devices (z. B. Microsoft Surface Computing, Apple iPhone) ist ebenfalls abhängig von fortgeschrittener Software, um die gewünschte Benutzerfreundlichkeit leisten zu können. Weiterhin fortsetzen wird sich auch der Trend zunehmender Vernetzung: Während der Prozentsatz derer in Deutschland, die das Internet nutzen, innerhalb der letzten 10 Jahre von 7 auf mehr etwa 75 % stieg, soll noch eine Rate von nahe 100 % erreicht werden. Dabei steigt die Zahl der Breitbandanschlüsse und es besteht die Tendenz zum „Evernet“ (anytime, anywhere, wireless).
Dabei kommen bei der Nutzung des Internet zunehmend multimediale Anwendungen zum Einsatz und Inhalte können dezentral von allen Nutzern gestaltet werden (Web 2.0). Schließlich bleibt auch die Globalisierung als Trend erhalten, indem sie nicht nur selbst abhängt von IT, sondern umgekehrt auch zahlreiche Ländern einen wesentlichen Beitrag zu IT-Innovationen leisten. Dabei sind soziale Netzwerke eine Erscheinung dieses Trends (z. B. facebook.com, studivz.net etc.). Gerade Unternehmen können aus Investitionen im IT-Bereich Vorteile ziehen, z. B. im Supply Chain Management.
Zusammenfassend können eine vorrangige Bedeutung der Entwicklung von Software und Netzen, sowie eine tendenziell steigende Akzeptanz dieser neuen Technologien durch die Bevölkerung erwartet werden. Oft wird infrage gestellt, ob die Nutzer in der Lage sind, die Potentiale auszuschöpfen. Allerdings ist dies nicht unbedingt notwendig, da nur die speziellen Anforderungen möglichst vieler Personen erfüllt werden sollen. Dabei kann die Komplexität der Technik hinter einer durchdachten Benutzeroberfläche verborgen bleiben. Neue Techniken stellen nun eine Unvermeidbarkeit dar, wobei die Einarbeitungszeit, die der Mensch benötigt, bald der die Verbreitungsgeschwindigkeit hemmende Faktor sein könnte.
Wie viele Mitglieder der Gesellschaft an der Nutzung neuer Techniken teilhaben, hängt sowohl vom Alter, den persönlichen Fähigkeiten und den finanziellen Möglichkeiten ab, als auch von der Bedeutung von Technik in der betrachteten Kultur. Während IT in Indien z. B. besonders unter Statusaspekten bewertet wird, führt sie an anderer Stelle dazu, dass Spezialisierungsvorteile aufgehoben werden. In der Dienstleistungsgesellschaft werden in diesem Zuge paradoxer Weise viele Dienstleistungen wieder von jedem selbst ausgeführt.
Bei fortschreitender technologischer Entwicklung wird – vor allem in einer diesbezüglich eher risikoaversen Bevölkerung, wie in Deutschland – oft die Kontrollierbarkeit der Technik in Zukunft angezweifelt. Dabei geht es nicht nur um die Vorstellung künstlicher Intelligenzen, die eigenständig wird, sondern zunächst auch technische Funktionalitäten, die nicht andauernd von Menschen überwacht werden (z. B. U-Bahnen ohne Fahrer), sowie auch um Sicherheit und Datenschutz. Die Entwicklung des Internet zeigt dabei, dass hier beispielsweise die Nutzung des Netzes und die Gestaltung der Inhalte nicht kontrolliert werden können (und auch nicht sollen).
In jedem Fall müssen bei der Adoption neuer Techniken Chancen und Risiken gegeneinander abgewägt werden, um die Potentiale der herausgearbeiteten Megatrends nutzen zu können, ohne sich komplett auf technische Lösungen zu verlassen.
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